In Deutschland wird ja gerne und viel gejammert. Themen Nummer eins sind immer noch der schwache Euro und der noch schwächere Bundespräsident. Nun ist das Jahrhundert gerade mal eine Dekade alt, und schon hatten wir nicht nur drei Staatsoberhäupter, sondern auch ein Jahrhunderthochwasser und eine Jahrhundertkrise. Die euphemistischen Begrifflichkeiten machen Mut – schließlich suggerieren sie, dass Schlimmeres in den weiteren 90 Jahren nicht kommen kann.

Natürlich wissen wir, dass das ein Trugschluss ist. Schlimmeres kann kommen – und Schlimmeres wird kommen. Darum jammern wir. Wir raufen uns die Haare, weil wir in ein paar Jahren vielleicht nicht mehr die Allerreichsten auf der Welt sind, sondern nur noch die Zweit- oder gar Drittreichsten. Wir klagen, weil uns Fachkräfte fehlen. Und vor allem klagen wir an: Die Politiker, die Wirtschaftsbosse, den Euro. Irgend jemand muss es ja Schuld sein. Auf eine Idee jedoch kommen die meisten von uns nicht: Auf die Eigeninitiative.

Dabei hören wir von denen, die wir so gerne verantwortlich machen, dass es genau das braucht: Dass das Land Unternehmer braucht, Menschen, die ihr Schicksal in die Hand nehmen. Menschen, die den Mut haben, nach vorne zu blicken und ins Tun kommen.Warum fällt es uns dann so schwer?

Dazu kann ich eine Geschichte erzählen.

Mein Unternehmen habe ich aus der Arbeitslosigkeit gegründet. Davor war ich einem Angestellten-Dasein entflohen, das ich nicht mehr aushalten wollte und konnte. Dann lieber arbeitslos und neu orientieren! Das neu orientieren ging schnell. Ich gründete nur wenige Monate, nachdem ich meine Angestellten-Stelle verlassen hatte, die Firma Nike Roos. Ein aufregendes Abenteuer, mit dem es gar nicht schnell genug gehen konnte! Nicht so schnell ging es allerdings mit dem Arbeitsamt. Beim Gründerzuschuss gab es terminliche Probleme, und da ich ohnehin kein Startkapital aufnehmen musste, beschloss ich kurzerhand, auf den Zuschuss zu verzichten. Viele erklärten mich für verrückt, aber so bin ich erzogen worden: Wenn Du nicht unbedingt Geld vom Staat brauchst, dann nimm auch keines. Ich kehrte also dem Arbeitsamt und all den damit verbundenen Behörden den Rücken und konzentrierte mich darauf, meine Firma aufzubauen.

Es lief gut. Es lief fast zu gut. Meine Zielgruppe der mittelständischen Unternehmer nahm mich mit offenen Armen auf. Und bereits nach einem Jahr stand ich vor dem „Problem“: Wie mache ich das mit der nächsten Wachstumshürde? Ich merkte, dass ich jemanden brauchte, der mir beim Durchqueren des gefährlichen Wassers half – schließlich sind schon viele Unternehmen kaputt gewachsen. Und nur 10% aller Gründer überstehen die ersten 10 Jahre. Ich brauchte einen Coach.

Durch Zufall erfuhr ich, dass mir als Gründerin auch ein Zuschuss auf Gründercoaching zusteht. Das wiederum war nun etwas, das ich sehr gut gebrauchen konnte, und so beantragte ich den Zuschuss bei der örtlichen IHK. Mit den Rahmenangaben war klar, dass mir Zuschuss auf Gründercoaching zustünde, eigentlich alles Formalitäten.

Oder etwa doch nicht?

Die (wirklich nette) Dame bei der IHK wollte gerne Unterlagen über einen Gründerzuschuss sehen. Geduldig erklärte ich ihr, dass es dabei terminliche Probleme gegeben und ich mich einfach entschlossen hätte, auf den Gründungszuschuss zu verzichten, weil mein Fokus damals auf meiner strategischen Unternehmensausrichtung und auf der Akquirierung erster Kunden gelegen habe, nicht auf Geld vom Staat. Ich hatte damit einfach keine Energie vertun wollen.

Sie sah mich an, als wäre ich nicht ganz dicht.

Dann stammelte sie etwas von „nicht sicher, ob dann das Coaching bewilligt werden könne, es sei formalisitisch sozusagen an den Gründerzuschuss gekoppelt…“ (denn, zur Erklärung, dies wiederum bewiese, dass ich aus der Arbeitslosigkeit heraus gegründet hätte. Allerdings beweisen das ja auch Dutzende anderer Unterlagen).

Ich traute meinen Ohren nicht und fragte: „Soll das heißen, dass ich, weil ich das letzte Mal kein Geld vom Staat wollte, jetzt, wo ich es brauchen könnte, zur Strafe wieder keines kriege?“

Sie sah mich lange an und meinte: „So ausgesdrückt… haben Sie Recht. Ich nehme jetzt den Nachweis des Arbeitsamtes. Und das soll reichen.“

Ich hatte Glück, dass ich auf eine Bearbeiterin traf, die nicht Rodeo mit dem Amtsschimmel betrieb. Ob die zuständige Kreditbank den Zuschuss am Ende des Coachings allerdings wirklich zahlt, oder ob dann dort die weißen Rösser zu wiehern beginnen – das bleibt abzuwarten. Dabei soll nicht unerwähnt bleiben, dass ich vom Arbeitsamt einen Brief bekam, in dem man mich darauf hinwies, dass ich Anspruch auf Hartz IV hätte, wenn es mit meiner Firma nicht klappt. Dass ich einen Anspruch auf Gründercoaching habe, dazu bekam ich keinen Brief, das musste ich selbst heraus finden.

Und die Moral von der Geschicht? Selber handeln lohnt sich nicht?

Unser Wohlfahrtsstaat hilft uns, wo er kann. Leider hilft er nicht immer an der richtigen Stelle. In diesem Beispiel hilft er Bürgern, möglichst unselbstständig und abhängig zu sein. Selber denken, sich unabhängig machen, Unternehmensgeist zeigen, Eigeninitiative – all das wird nicht gefördert. Und wenn man Pech hat, wird es bestraft.

Das ist nicht nur auf den Ämtern so. Das fängt schon in unserem Schulsystem an, das ein Überbleibsel der industriellen Revolution ist: Damals wurden dringend grundausgebildete Arbeiter gebraucht. Fabrikenfutter. Viel hat sich am System bis heute nicht geändert. Schulen produzieren willige, gehorsame, mediokere Arbeitsbienchen und Angestellte. Divergentes Denken ist nicht gefragt. Unternehmensgeist ist nicht gefragt. Es gibt immer nur eine Lösung – und das ist die, die im Lösungsheft des Lehrers steht.

Und so geht es weiter mit Jammern und Klagen: Über die Eurokrise, über die Weltwirtschaftslage, über Pisa und das Schulsystem. Wirtschaft und Politik wollen Unternehmer – aber jeder suggeriert uns, dass es eigentlich viel zu riskant ist. Dass man es lieber bleiben lassen sollte. „Wenn Sie scheitern, kriegen Sie zum Trost auch Hartz IV“. Lehnen Sie sich lieber gleich zurück. Geld gibt’s vom Staat.

Glücklicherweise habe ich nicht vor, zu scheitern. Damit kann der Staat wiederum sein Geld behalten. Ich brauche es nicht.

Und ich möchte auch Ihnen Mut machen, an Ihre Kraft zum Selber-Tun zu glauben. Wagen Sie etwas! Im dritten Jahrttausend brauchen wir Visionäre, keine gleichgeschalteten Arbeitsbienchen. Menschen mit Mut zum divergenten Denken. Menschen mit Mut zur Selbstständigkeit und zum Unternehmertum – und das meine ich nicht nur im emotionalen Sinne, sondern durchaus auch im wirtschaftlichen. Tun Sie es! Gemeinsam bewegen wir was.

 

P.S.: Falls Sie gründen möchten und nicht wissen wie, empfehle ich einen guten Gründercoach. Und falls Sie Marketing brauchen, wissen Sie ja, wo Sie mich finden können.

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